Am Ende der Geschichte lebt Sally, eine der Heldinnen der Geschichte, im Park-Place-Pflegeheim in Hackney. Sie ist krank. Gerade hat sie Besuch von Tochter und Enkelin.
Dialog zwischen Enkelin und Großmutter:
„Du siehst ja richtig erwachsen aus!“
„Ich werde nächstes Jahr 18, Oma!“
„Achtzehn, nächstes Jahr? So was! Setzen sie das Wahlalter nicht bald auf 18 herunter? Stell dir vor! Nächstes Jahr kannst du wählen!“
„Ach, das ist mir ziemlich egal, Oma!“
Dieser Satz muss der alten Dame einen Stich ins Herz versetzt haben. Wie viel Leid, Not, Gewalt, Verleumdungen und Lügen haben sie und die anderen Frauen auf sich genommen, um für etwas zu kämpfen, das für jeden von uns heute eine Selbstverständlichkeit ist. Das Recht der freien Wahl.
Die Geschichte der Suffragetten beginnt im England des Jahres 1912. Ja. Die Suffragetten. So nannte man diese mutigen Frauen. Für die Männergesellschaften waren sie eine Landplage. Aus heutiger Sicht waren diese Frauen Heldinnen, die, jede für sich, nicht hinnehmen wollte, dass Frauen weniger Rechte hatten als Männer, dass mittellose Frauen vor dem 1. Weltkrieg nur in untergeordneten Berufen, also zum Beispiel als Dienstmädchen beschäftigt und entsprechend schlecht bezahlt und behandelt wurden. Dass sie abhängig waren von ihren Männern. Für heutige Verhältnisse unvorstellbar, oder?!
Eines war den Frauen klar: So wollten sie nicht leben. Sie wollten eine Veränderung. Für sich und folgende Generationen. Und Veränderungen erreicht man nicht immer mit Gesprächen und gutem Willen. Auch das war den Frauen nach kurzer Zeit klar.
Jede dieser Heldinnen kam aus einer anderen gesellschaftlichen Schicht. Eine Aristokratin aus der Oberschicht. Eine sogenannte „Konstitutionalistin“ aus der Mitte der Gesellschaft. Ein Dienstmädchen.
„Votes for Women“ erzählt die Geschichte der Frauen im British Empire vor dem Ersten Weltkrieg:
Sally Heathcote hat sich nie besonders für Politik interessiert. Doch neuerdings interessiert sich das rothaarige Dienstmädchen für die Aktivitäten der Leute, mit denen Emmeline Pankhurst sich trifft.
„Votes for Women“. Das ist ihr Wahlspruch, mit dem sie mehr Freiheiten und das Wahlrecht für Frauen erstreiten wollen. Sally ist so begeistert, dass sie sich den Suffragetten anschließt. Der Preis für ihre Demonstrationen: Schlägereien und Inhaftierungen. Fast immer. Was noch schlimmer ist: Die Regierung nimmt die Frauen und ihr Anliegen nicht ernst. Mit fatalen Folgen für alle Beteiligten. Die Frauen beschließen, radikalere Mittel einzusetzen, wenn sie mit Demonstrationen allein die Politik nicht erreichen.
Sich politisch zu informieren und, vor allen Dingen, wählen zu gehen, für seine Rechte zu kämpfen und einzustehen, ist in unserer Demokratie für Frauen und Männer eine Selbstverständlichkeit. Unsere Rechte können und dürfen uns nicht egal sein. Auf gar keinen Fall.
Wenn zum Beispiel in Eurer Stadt neue Politiker gewählt werden, schaut Euch an, wofür sie stehen, was sie für Euch tun wollen. Nicht nur vor der Wahl. Sondern das ganze Jahr über. Das ist nicht schwer. Informiert Euch über sie, ob sie zum Bespiel dafür sorgen, dass Euer Jugendzentrum nicht weggespart wird. Sprecht die Abgeordneten Eures Stadtteils an, schreibt ihnen, was Ihr anders haben wollt. Bereitet Euch darauf vor. Geht auf Versammlungen und tragt Euer Anliegen vor. Ihr habt jedes Recht, das zu tun. Lasst dieses Recht nicht achtlos liegen. Überlasst es nicht den falschen Leuten, die vielleicht lauter sind als Ihr es seid.
Wie man so etwas macht, haben uns die Frauen vorgelebt. Enttäuschen wir sie nicht.
Übrigens – Die Geschichte der Suffragetten läuft gerade in den Kinos.
Bremen, 20. Januar 2016