„Versuche, was du nicht kannst, um herauszufinden, was du kannst.“ Das kann ein wunderbares Lebensmotto für jemanden sein, der sich noch nicht ganz so sicher ist, was er mit seinem Leben anfangen und wohin ihn sein Weg führen wird.

Ein Bildhauer ist vertieft in seine Arbeit. Ein Junge steht im Atelier und beobachtet ihn. Stellt sich die Frage, wie er das, was er gerade aus diesem riesengroßen Steinbrocken erarbeitet, wohl macht. Des Bildhauers einfache Antwort: Man macht es einfach. Der Junge ist überzeugt, dass er so etwas Großartiges niemals könnte. Des Bildhauers einfache Frage: Woher willst du das wissen?

Diese Begegnung lässt dem Jungen keine Ruhe. Er ist fest davon überzeugt, dass er nichts falsch machen kann, wenn er dem alten Bildhauer nur zuschaut. Damit befindet er sich – glaubt er – auf der sicheren Seite. Also – Kein Risiko.
Der alte Bildhauer lehrt ihn das Gegenteil.

Der Junge begreift. Beginnt mit Steinen zu arbeiten. Und ist doch von sich und den Ergebnissen enttäuscht. Berichtet dem alten Bildhauer von seinem Scheitern.

Scheitern ist vorübergehend, lernt der Junge dann. Scheitern ist notwendig auf dem Weg zum Erfolg. Der Junge versucht es noch einmal. Er glaubt nicht an sich und an sein Talent.

Der alte Bildhauer allerdings sieht sein Talent, Hingabe und Ausdauer, Fortschritte. Und sagt es dem Jungen. Der wird mit jedem weiteren Versuch unzufriedener.

Der alte Bildhauer sagt ihm auf einem Spaziergang durch einen Garten, dass er stolz sei auf jeden seiner Fehler. Mit jedem Fehler sei er ein wenig mutiger, stärker, schlauer geworden. Und zeigt ihm die Fehlversuche seines Bildhauerlebens, die ihn zu dem gemacht haben, der er heute ist.

Er lebt nicht mehr, der alte Bildhauer. Aber keines ihrer Gespräche hat der Junge vergessen. Er ist ein Bildhauer geworden. Mit jeder Arbeit denkt er an einen Satz seines Mentors: „Wenn wir uns Sicherheit geben, scheitern zu dürfen, geben wir uns Sicherheit, dass es gelingen kann.“

Könnte das nicht ein großartiges Lebensmotto für jeden von Euch sein? Seid mutig und glaubt an Euch.

Bremen, 29. Juni 2021