„Bleibe ich, werde ich sterben. Springe ich, werde ich leben.“
Vor diese Entscheidung gestellt, springt Ava aus dem brennenden Elternhaus und überlebt mit schwersten Verbrennungen.
Ihre Eltern und ihre Cousine Sara sterben.
Saras Eltern nehmen Ava auf.
Nach unendlich vielen Operationen erholt sich Ava sehr langsam. Mit einem speziellen Computerprogramm lernt sie zuhause für die Schule und ihren Abschluss, den sie auf jeden Fall machen will.
Ava lebt behütet im Haus von Onkel und Tante und es ist dennoch nicht ihr Zuhause, nicht ihr Zimmer. Das gehörte mal Sara. Ava weiß, dass ihr Onkel und seine Familie unendlich um Sara trauern. So wie sie selbst.
Dann kommt der Tag mit dem Gespräch zu ihrer Zukunft.
Sie soll zurück in die Schule.
Niemals. Sagt sie.
Doch sie hat keine Wahl, versteckt sich hinter Sarkasmus und großer Klappe und sieht sich trotzdem irgendwann genötigt, einer zweiwöchigen Probezeit zuzustimmen. Danach soll neu entschieden werden.
Zurück an der Schule ist es wie im Leben. Die Schulleitung stellt sich als unqualifiziert und überheblich dar, die mit Menschen wie Ava nicht umzugehen verstehen.
Die Schüler und Schülerinnen sind nicht besser. Gekicher, offene Ablehnung, indiskrete Blicke, Ausgrenzung. Sie muss erleben, dass die kleine Tochter einer Frau schreiend mit dem Finger auf sie zeigt. Alles in allem sind das die kleinsten der Verletzungen, die sie ertragen muss.
Dann taucht Piper auf. Piper sitzt im Rollstuhl. Ihre Klappe ist noch größer als die von Ava. Die beiden nähern sich an und werden Freundinnen.
Und dann gibt es da noch Asad, der so schöne dunkle Augen hat, mit dem sich Ava auf Anhieb prima versteht. Und der auch ein Ausgegrenzter ist, wie er sagt. Also ist sie schon mal nicht mehr alleine.
Ava blüht auf. Denn es gibt Menschen, denen es egal ist, wie sie aussieht. Dazu gehört der Leiter der Theatergruppe. Der findet, Ava gehört da hin. Dass sie wunderschön singen kann, hat sie noch keinem erzählt. Vor dem Brand und dem Verlust ihrer Familie hat sie Musicals geliebt. Sie kennt sie alle.
Das Problem bei der Theatergruppe ist allerdings, dass es dort eine Mitschülerin gibt, die – so stellt sich heraus – früher mal die beste Freundin von Piper war. Jetzt herrscht Krieg zwischen den beiden. Kenzie ist der Star der Theatergruppe und versteht sich wunderbar in Mobbing, Ausgrenzung, Unverschämtheiten aller Art Ava gegenüber. Aber auch in Richtung Piper sieht es nicht besser aus.
Es wird Konflikte geben, denen Ava nicht ausweichen kann. Sie wird sie meistern. Freunde werden sie dabei unterstützen, wenn es nötig wird. Kenzie und Piper werden ihren Konflikt endlich klären. Ava wird sich in Asad verlieben und nicht merken, dass er seit immer schon in Piper verliebt ist. Aber auch hier gibt es Ersatz. Versprochen.
Die Autorin gibt uns großartige Figuren, die sich glaubhaft entwickeln. Sie gibt uns eine große Geschichte über Heilung, Freundschaft, Verzeihen und unglaublichen Mut. Das hat mir sehr imponiert. Zumal es sich hier um eine Geschichte handelt, die einer ihrer Freunde erlebt hat. Auch er hat eine Brandkatastrophe überlebt.
Diese Geschichte hat mich einerseits zu Tränen gerührt und andererseits laut loslachen lassen. Pipers Humor ist einfach umwerfend. Die Geschichte zeigt uns, dass jeder von uns Narben mit sich trägt. Sichtbare und unsichtbare.
Das ist das Leben?
So einfach ist das nicht.
Bremen, 9. November 2019