So was macht man einfach nicht! So etwas ist furchtbar gemein und Erwachsene dürfen das nicht. Schon gar nicht die eigene Mutter!
Fast hätte ich dieses Buch nach den ersten Seiten nicht weiter gelesen. Ich habe mich richtig geärgert über Scarletts Mutter. Die hat einen Internet-Blogg und schreibt über ihre Tochter. Sie schreibt über ihre Unterhosen, über ihre Unordnung, über ihre Missgeschicke und Peinlichkeiten.
Leider ist es in der heutigen Zeit ganz normal, dass man andere bloßstellt. Das ist richtig in Mode gekommen, wie man so schön sagt. Sich über andere zu amüsieren, lustig zu machen, andere herabzuwürdigen, zu beleidigen oder anzuschwärzen sorgt für Aufmerksamkeit. Jeder ist froh, wenn es den anderen erwischt. Aber alle machen mit. Das muss sich wieder ändern!
Zum Glück habe ich dieses kleine, feine Buch nicht aus der Hand gelegt. Denn Scarlett passiert etwas Wunderbares. Doch zunächst hat sie eine schwere Zeit: Alle wissen vom Blogg ihrer Mutter und alle wissen um wenn es geht, wenn ihr Mum über diese Mutter-Tochter-Dinge schreibt.
Scarlett wendet sich von allen ab. Sie geht zu keinem Club, gehört zu keiner Clique und igelt sich ein. Das ist am besten so. Denn wenn sie nichts tut, kann sie auch nichts falsch machen.
Bis zu dem Tag, an dem ihre Nachbarin, die alte Rosemary ins Krankenhaus kommt. Normalerweise hat sie keinen Kontakt zu Mrs. Simpson, aber als sie merkwürdige Geräusche aus dem Nachbarhaus hört und einen kleinen Kater entdeckt, beschließt sie sich um diesen zu kümmern. Sie findet sogar einen Schlüssel und betritt zum ersten Mal das Haus der Nachbarin.
In der Küche der alten Dame entdeckt sie ein wundervolles, handgeschriebenes Kochbuch. Mit kleinen Zeichnungen und Bildern, lustigen Namen wie „Peter Pans Paprika Pasta“ oder „Hänsel und Gretels Pfefferkuchen“. Außerdem steht eine liebevolle Widmung auf der ersten Seite „Für meine kleine Köchin – mögest Du die geheime Zutat finden.“
Als Scarlett an diesem wundersamen Nachmittag beschließt die Haferkekse aus dem Rezeptbuch nachzubacken, ahnt sie nicht, dass sie damit eine wundersame Magie freisetzt.
Eine Magie, die die Menschen um sie herum weicher werden lässt, die sie inne halten lässt und die sie verwandelt. Zuerst ihre Klassenkameradinnen und dann auch – endlich – ihre Mutter. Es ist langer Weg, bis alle am Ende verstehen liebevoller miteinander umzugehen, füreinander einzustehen und tatsächlich wieder eine Familie zu bilden, Freunde zu sein. Aber es ist ein Weg, der sich lohnt.
Genauso, wie es sich lohnt, dieses wunderbare Buch zu lesen, auch wenn der Anfang ziemlich schwierig ist.
Bremen, 23. Oktober 2018