Dieses Buch ist den tapferen Kindern von Daraa gewidmet, die im Frühjahr 2011 rebellierten, um den Erwachsenen zu helfen, aufrecht zu gehen. Und Rafik Schami erzählt uns, wie es zu diesem Buch kam.
Es sind Geschichten, die ihm Scharif Surur, ein junger Mann aus Syrien, erzählte. Die beiden begegneten sich zufällig bei Freunden, die den jungen Mann aufgenommen hatten und ihn bei seinem Leben in Deutschland begleiteten. Im Laufe des Besuches kamen Scharif und Rafik Sami ins Gespräch.
Er erzählte dem Autor von seinem Freund Sami und wollte wissen, ob Rafik Schami die Geschichten seines Freundes hören wollte. Selbstverständlich wollte der und erfuhr so von all den schrecklichen Dingen, die dieser Junge durchgemacht hatte und von den Narben, die ihm zugefügt wurden. Sowohl seelische als auch körperliche. Aber er erfuhr auch von dem Sami, der keinem Abenteuer aus dem Weg ging, weil er Unrecht nicht ertrug und manchmal vergaß, seinen Kopf einzuschalten und so immer wieder in Schwierigkeiten geriet. Wie zum Beispiel in der Geschichte, in der sich Sami kopflos in Josephine verliebte und sein Leben für sie riskierte.
Sami und Scharif waren unzertrennlich. Wie Brüder. Er erzählte Rafik Schami von ihrer Kindheit, von ihren Tricks, der Schule und deren brutalen Lehrern zu entkommen und von dem, der sie immer wieder beschützte: Dem weisen Postboten Elias.
Für Rafik Schami sind Samis Geschichten ein wertvolles Geschenk. Bei ihren Treffen wird er ein Diktiergerät mitlaufen lassen und den Text abends aufschreiben.
Ob Scharif dafür ein Honorar wollte? Nein. Geld wollte er keines. Er wollte eine Laute. Denn er spielte meisterhaft! So wie Elias.
Über Scharif selbst erfahren wir, dass auch er im christlichen Viertel von Damaskus gelebt hat. Er gehörte zum damaligen Zeitpunkt einem Komitee an, das Demonstrationen über soziale Medien wie Facebook und Twitter koordinierte und einen Online-Blog herausgab, der die Demos begleitete.
Bis zu dem Tag, an dem das Regime den Geheimdienst technisch aufrüstete, waren die Jungs ihnen technisch überlegen, so dass die Aktionen von Polizei und Armee erfolglos waren. Doch dann wurde es gefährlich und Scharif musste fliehen. Das war 2011. Seinen Freund Sami sollte er erst ein paar Jahr später wiederfinden.
Als Rafik Schami der letzten Geschichte von Sami lauscht, ist ihm klar, welcher Schatz ihm da geschenkt wurde. Scharif war ein genialer Erzähler, immer ohne Pathos und mit einer unglaublichen Leichtigkeit. Mit Samis Abenteuern erzählte er die Geschichte seiner Generation. Nicht mehr und nicht weniger.
Der Autor erfährt von einer innigen Freundschaft, er erfährt von der Sehnsucht zweier Jungen nach Freiheit und dem Ausbruch der syrischen Rebellion. Er erfährt von der Traurigkeit eines uralten, friedlichen und gastfreundlichen Volkes, das von der Welt im Stich gelassen wurde. Und das nicht erst in den letzten vier oder fünf Jahren, sondern seit einem halben Jahrhundert. Dieses stolze Volk musste alle Qualen einer barbarischen Diktatur erdulden. Obwohl es weltumspannende Medien gab und gibt.
Rafik Schami ist ein großartiger Weitererzähler von Geschichten.
Bremen, 17. Oktober 2017