Meine besten Freunde heißen Maya und Oskar. In der Schule werden wir nur die „Bleichgesichter“ genannt. Wahrscheinlich liegt es daran, dass wir jede freie Minute unsere Nasen in Bücher stecken.
Wir gehen jeden Tag zur Bibliothek. Jeden Tag außer montags, weil da ist unsere Bücherei geschlossen. Heute ist Dienstag. Allerdings steht auf dem Zettel, der an der großen Glastür unserer Bücherei hängt ein einziges Wort: Geschlossen.
Das ist nahezu unmöglich, denn wir drei sind uns sofort einig, dass wir nicht etwa schusselig an einem Montag vor der verschlossenen Tür stehen, sondern das es sich heute um einen wirklichen und wahrhaftigen Dienstag handelt. Das hier etwas nicht stimmen kann, ist uns sofort klar.
Als wir Frau Müller-Liebeleins aufsuchen, sie betreut unsere wundervollen Bücher, wird uns klar, das unsere geliebte Bücherei in Gefahr ist. Der Bürgermeister will sparen. Und da außer uns dreien sowieso keiner zum Ausleihen kommt, hat er beschlossen, diese kurzerhand zuzumachen.
Aber nicht mit Frau Müller-Liebeleins. Das wäre ja gelacht. Bücher vernichten, nicht mit ihr. Natürlich helfen wir ihr, die ganzen Abenteuerromane, Krimis, Kinderbücher, Bilderbücher, bunten Bücher, einfarbigen Bücher, alten Bücher und neuen Bücher an einen geheimen Ort zu schaffen.
Nach einem Tag harter Arbeit ist immer noch kein Ende in Sicht. Erschöpft aber nicht ganz unzufrieden machen wir uns auf den Heimweg.
„Kinder“, ruft uns Frau Müller-Liebeleins noch einmal zurück. „Hier ist ein Buch, dass ihr unbedingt mitnehmen solltet. Falls ihr in eine gefährliche Situation geratet, fangt schnell an in dem Buch zu lesen und eure Hände müssen alle das Buch berühren. Dann kann euch nichts passieren.“
Erwachsene sind manchmal schon etwas seltsam. Aber Frau Müller-Liebeleins weiß sehr wohl, dass wir uns immer schlecht gegen die größeren und streitsüchtigen Mitschüler verteidigen können. Mit dem großen alten Ledereinband, der den Titel „Die Abenteuer des Robin Hood“ trägt, trollen wir uns.
Und tatsächlich. Auf dem Nachhauseweg begegnen uns ausgerechnet Max und Kira, Geschwister und die schlimmsten Schläger unserer Schule. Zum Weglaufen ist es zu spät. Also, Augen auf und Lesen, so wie Frau Müller-Liebeleins es gesagt hat.
Dann passiert etwas, was ich niemals, wirklich niemals nicht für möglich gehalten habe. Wir treffen tatsächlich auf Robin Hood, lernen Lady Marian kennen und erleben ein spannendes Abenteuer im Mittelalter.
Glaubt Ihr nicht?! Lest unsere Geschichte, dann werdet Ihr mir glauben.
Bremen, 24. Oktober 2018