Es war ein Tag wie jeder andere, ein Frühlingstag, der mit einem ausgiebigen Frühstück für Bullrich Schattenbart begann und damit enden sollte, dass er verschwand. Spurlos.
Und das er Verschwinden würde, ahnte Bullrich Schattenbart nicht im geringsten. Das seine Mission allerdings ein wenig heikel sein würde, die so mir nichts, dir nichts plötzlich in seinem Kopf war und nicht mehr wegging, also, das es ein wenig gefährlich werden könnte in den Finster zu gehen, das war ihm schon klar. Aber was soll einem schon passieren, an einem ganz normalen Tag im Hügelland.
Bullrich Schattenbart, seines Berufstandes nach Kartograf, hatte eine Leidenschaft: die Aufzeichnung jedes kleinsten Winkels, jedes Felsens, jedes Erdlochs, jeder noch so kleinen Quelle im Hügelland. Und das war ihm in den letzten Jahr auch vortrefflich gelungen. Jeden Abend, bei Kerzenschein im Winter und bei den letzten Sonnenstrahlen im Sommer, wurden die von ihm vorgefertigten Zeichnungen von der Birkenrinde, die er immer bei sich trug, auf die große Karte übertragen.
Doch eine Stelle war dunkel geblieben. Der große Wald ganz in der Nähe von Grünlohe und zwischen den kleinen beschaulichen Dörfern Wetterstern, Rauhmoos und Dreibrücken gelegen, war von niemanden kartografiert worden. Nicht, dass es nicht schon mal jemand versucht hatte. Aber beide Expeditionen in den Finster waren übel ausgegangen und so schlug eigentlich jeder Quendel einen großen Bogen um den finsteren, undurchdringlichen Wald.
Als Bullrich Schattenbart allerdings an diesem wunderbaren und wie schon erwähnt ganz normalen Morgen die Stirn runzelte, als er sich seine große Karte so ansah, kam ihm dieser Gedanke. Dieser Gedanke, dass er doch als Kartograf so mutig und verwegen sein müsste auch den kleinsten Winkel des Hügellandes zu erforschen. Gesagt, getan!
An diesem zauberhaften, ganz normalen Frühlingstag an dem nicht sonderlich viel passiert, geschehen aber außer Bullerichs Aufbruch Richtung Finster noch andere Dinge. Nichts Aufregendes, gewiss, allerdings schon Ungewöhnliches.
Bullerichs Nachbarin, die liebreizende Hortensie bekommt just an diesem Tag Besuch von Bitterling Zwentibold. Ungewöhnlich! Der hatte Bullerich auf seinem Weg nach Grünlohe getroffen und dieser hatte ihn auf eine ungeheuer gute, geistreiche, phänomenale Idee gebracht.
Die Idee tut hier nichts zur Sache. Aber als Zwentibold bei Hortensie sitzt um einen Tee zu trinken und ihr vorsichtig einen Vorschlag zu unterbreiten, bekommt Hortensie weiteren Besuch. Ihre Freundinnen Beda und Hulda und deren Sohn Karlmann sind überrascht den Bitterling und Hortensie bei einem gemütlichen Nachmittagsplausch anzutreffen. Was soll man sagen, eins ergibt das andere. Es wird spät und es wird später, es wird Nacht und wieder Morgen und da fällt ihnen allen auf, dass sie den Nachbarn, den Schattenbart die ganze Zeit nicht gesehen haben.
Und tatsächlich, der Frühstückstisch im Nachbarhaus ist noch nicht abgeräumt. Die eingetrocknete Marmelade weist darauf hin, dass der Bullerich über Nacht überhaupt nicht nach Hause gekommen ist und das Bett steht auch unberührt.
Ich könnte Euch jetzt noch viel erzählen, von den Dingen die passiert sind, bis die kleine Gemeinschaft endlich beschließt sich auf die Suche nach Bullerich Schattenbart zu begeben. Natürlich könnte ich Euch auch von dem unheimlichen Nebel erzählen, der in dieser Nacht nicht nur von Bullerich gesehen wird, sondern auch von den Bewohnern von Wetterstern. Wahrscheinlich würde es Euch nichts nützen, eher neugierig zurücklassen, wenn ich Euch erzähle, dass im dunklen Schilf in dieser Nacht eine weitere Person verschwindet und das ein unheimliches Glitzern in der Dunkelheit unterwegs ist.
Vielleicht sollte ich Euch einfach vorschlagen, die Geschichte der Quendel zu lesen. Wenn Ihr neugierig geworden seid, dann ist es genau das richtige Buch für Euch und wenn ich Euch mit dem Verschwinden von Bullerich Schattenbart eher gelangweilt habe, könnt ihr selbstverständlich auch gerne ein anderes Buch zur Hand nehmen. Obwohl….
Eure Entscheidung!
Bremen, 8. März 2018