Es war einmal eine kleine schwarze Krähe. Sie hieß Krah.
Krah war ganz oft traurig, weil er so gut wie immer allein auf irgendeiner Straßenlaterne saß und die anderen Vögel ihn nicht mochten. Dabei hätte Krah so gerne Gesellschaft. Schließlich gab es in der Nachbarschaft jede Menge Vögel.
Als er eines schönen Tages mal wieder traurig irgendwo saß, hörte er ganz in der Nähe das fröhliches Gezwitscher von Sittich, Meise und Fink. O wie schön, Gesellschaft! dachte Krah. Vorsichtig machte er sich bemerkbar. Augenblicklich flog die bunte Zwitschergesellschaft hysterisch und vor Angst, im nächsten Augenblick gefressen zu werden, davon. Zurück blieb ein trauriger Krah. Mit der Erkenntnis, dass er auf die kleinen Vögel sehr beängstigend gewirkt haben muss.
Er brauchte dringend einen Plan. Nach einiger Zeit wusste er, was zu tun war. Farbe! Das war die Lösung!
Also besorgte er sich die Farben von Fink, Sittich und Meise. Das Ergebnis machte ihn allerdings nicht glücklich. Nicht ein einziges Mal. Die bunten Vögel hatten mehr Angst vor ihm als je zuvor.
Mit den dicken Krähentränenbächen, die er weinte, verschwanden auch alle Farben und er war wieder schwarz. Doch dann wurde er von einem winzig kleinen feinen Stimmchen angesprochen. Sie und ihre Freundinnen hätten drei furchterregende Vögel gesehen, die ihnen große Angst eingejagt hätten. Aber zum Glück sei er ja jetzt da. Er hatte diese drei Monster sicher vertrieben. So musste es gewesen sein. Dafür wollten sie ihm danken.
Dass die Geschichte ein wenig anders war, wollte Krah seinen neuen Freunden irgendwann später erzählen.
Bremen, 8. September 2014