Wie sähe unser Land aus, wenn es von einer rechts-nationalen Partei regiert würde?
Diese Frage beantwortet der Autor mit einem fiktiven Thriller, der bei mir während des Lesens ein Kopfkino ausgelöst hat, das bei der aktuellen Regierung in Polen, der in Ungarn, Venezuela, der Türkei oder auch der in den USA beginnt und sich wie ein Schraubstock weiterbewegt und schlussendlich ein Gefühl von Dankbarkeit in mir ausgelöst hat, dass es Deutschland immer noch gibt und „Endland“ hier bei uns keine Chance hätte.
Wirklich nicht?
Ist jeder von uns wirklich politisch so umfassend gut informiert und so wenig beeinflussbar, dass „uns“ das nicht (noch ein Mal…) passieren kann?
Ganz ehrlich?! Ich bin mir nicht sicher. Seien wir also wachsam!
Das ist die Geschichte von „Endland“:
Länder machen Grenzen dicht. Lassen sie bewachen. Flüchtlinge heißen ab sofort nur noch „Invasoren“. Die muss man bekämpfen. Mit allen Mitteln. Kollateralschäden inbegriffen. Na und?! Kommt vor. Ist ja für einen guten Zweck. Fürs neue Vaterland.
Nacheinander verlassen Länder die Europäische Union, der Euro wird abgeschafft. Alles nationalisiert sich. Eine unabhängige Presse ist abgeschafft und wo sie noch zuckt, wird sie geächtet. Atomkraft ist prima. Schulpflicht und gesetzliche Arbeitslosenhilfe werden abgeschafft, konservative Rollenbilder gefördert: Vater, Mutter, Kind. Schwule und Lesben sind in diesem „Endland“-Bild nicht vorgesehen. Wer damit ein Problem hat und gegebenenfalls nicht überlebt, hat eben Pech gehabt.
Im Roman regiert in Deutschland die „Nationale Alternative“, die junge Soldaten die Grenzmauern bewachen lässt, die Deutschland umschließen.
Noah und Anton gehören dazu. Anton ist ein vorbildlicher Parteisoldat, Noah zweifelt und kann sich mit der neuen Regierung, die übrigens von der Mehrheit der Deutschen völlig korrekt gewählt worden ist, nicht abfinden.
Und dann gibt es Fana. Fana lebt in Äthiopien, wo der Klimawandel zu einer Hungerkatastrophe führt. Sie will unbedingt Medizin studieren. Erstens, weil sie die Gabe hat, Menschen zu helfen. Und zweitens, weil ihre Kultur von ihr erwartet, dass sie ihre Familie finanziell unterstützt, damit sie nicht hungern muss.
Mit Hilfe guter Freunde, ein paar undurchsichtigen Schleppern und einem Briefumschlag mit viel Geld flieht Fana aus Äthiopien Richtung Deutschland, in der Hoffnung, dort ihren Traum von einem besseren Leben leben zu können.
In einem Kühltransporter, dessen hintere Türen von außen mit einer Stahlverriegelung verschlossen und von innen nicht zu öffnen sind, legen 71 Männer, Frauen und Kinder die letzte Strecke ihrer Flucht zurück. Ohne Wasser, ohne Nahrung und ohne Toiletten. Aber sie überleben. Im letzten Flüchtlingslager Deutschlands, das auch kurz davor steht, aufgelöst zu werden, kommen alle unter.
Hier trifft Fana auf Anton, der sich unter die Flüchtlingen geschmuggelt hat. Als Ukrainer mit falschen Papieren getarnt. Fana bemerkt Antons undurchsichtiges Verhalten, recherchiert, erschreckt sich und konfrontiert ihn mit seinem Geheimnis.
Der ist sowieso schwer verunsichert und beginnt, über „Endland“ und die „Nationale Alternative“ nachzudenken. Dass Anton mit einem Spezialauftrag hier ist, ahnt sie nicht. Er muss sich entscheiden: Für eine nationale Ideologie oder für seine (neuen) Freunde und ein freies Leben.
Nicht nur der letzte Satz der Danksagung des Autors hat mich zu Tränen gerührt: „In diesem Buch wird die Flucht von 71 Flüchtlingen in einem Kühllaster beschrieben. Sie überleben diese Flucht nach Deutschland – in meinem Roman. In Wahrheit taten sie es nicht. Ihnen ist „Endland“ gewidmet.
Bremen, 24. Juli 2017