Robert ist ein Rabe. Seine Eltern sind sehr gute und ausgesprochen tolerante Rabeneltern. Seine Geschwister sind Raben. Und alle zusammen machen sie das, was Raben eben so machen.
Alle, bis auf Robert.
Robert ist ein kleines bisschen anders als andere Raben. Die Familie stört das nicht. Sie lieben Robert.
Der Rest der Raben ist weniger tolerant, bevorzugt das schwarze Federkleid und auch sonst alles, was Raben bevorzugen.
Nicht so Robert. Er liebt Farbe. Für ihn kommt nur Farbe in Frage. Also kleidet er sich schrill und bunt.
Robert will einfach ein anderes Leben als die große Mehrheit. Er will singen, will die Vögel unterhalten. Also sucht er sich seine Bühne und singt. Da Raben sich nicht in der Apotheke mit Ohrenschutz ausstatten können, halten sie sich mit ihren Flügeln die Ohren zu und verziehen ihre Schnäbel.
Robert stört das nicht. Er singt weiter. Und erzählt Witze. Die Rabenschar ist entsetzt. Verachtenswert, finden alle. Warum ist der bloß so. Warum macht der einfach alles anders? Mit der Zeit wird Robert immer mehr zum Ärgernis. Leider.
Als sich irgendwann die Raben-Sippe mal wieder zum täglichen Abendkonzert versammelt, verkleidet sich Robert als Pfau und singt mit Rabe Oskar ein Raben-Duett. Das war ein Duett zu viel.
Robert wird aus der Gemeinschaft verstoßen.
Traurig verabschiedet er sich von seiner Familie und fliegt so weit weg, wie er kann. Als er müde wird, ruht er sich auf einem Baum aus und beginnt zu singen. Plötzlich ist er von ganz vielen anderen bunten Vögeln umringt, die ihn begeistert feiern. Was für ein Erfolg! Ab sofort ist Robert auf Tournee!
Die Raben zu Hause bleiben farblos und rabenschwarz. Prima. Wenn auch langweilig. Aber Raben sind halt Raben. Punkt. Also – alles öde.
Bis zu dem Abend, als bei einem Rabenkonzert ein bunter Rabe auftritt, der singt und erzählt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Ach du Schreck! Und jetzt? Verjagen sie den auch?
Oh Nein. Tun sie nicht. Sie finden ihn plötzlich prima und beklatschen ihn.
Was soll ich Euch sagen – seit diesem Abend gibt es immer mehr bunte Raben, die singen, erzählen und andere Vögel unterhalten. So wie Robert.
Aber er war der erste, der sich das getraut hat.
Wir lernen: Seid so, wie Ihr seid und macht Euer Ding! Auch dann, wenn die Raben unter Euch noch so laut krächzen!!!
Bremen, 25. Februar 2019