Auch Katzen werden älter. Und eigenartig. Wie Menschen. Die Märchenkatze Licht ist 18 und wunderlich.
Kinder mag sie nicht. Erwachsene schon gar nicht. Schlechte Laune hat sie eigentlich immer. Fressen? Nur das Nötigste. Lieblingsbeschäftigung? Schlafen. Lieblingsschlafstelle? Katzenmärchenkorb. Wunderbar weich und mollig. Abends wird sie wach. Macht Licht. Mit ihrer Lampensammlung. Geht raus. Macht sich Gedanken. Warum heißt sie eigentlich wie sie heißt? Weiß sie nicht. Ist ihr auch egal. So ist das jeden Tag. Und jede Nacht.
Bis zu dieser einen Nacht, in der das dicke Kind Murmel mit triefender Rotznase und einer gemeinen Lache auftaucht und sie am Schwanz hoch hebt. Und zwar richtig hoch. Meterhoch. Weit über die Hochhäuser hinaus.
Was ist denn jetzt los? Die Märchenkatze Licht versucht es mit Fauchen. Funktioniert nicht. Murmel kann auch fauchen. Irgendwann erkennt sie, dass sie gegen dieses Kind keine Chance hat und spielt das Spiel mit. Klaglos. Und erkennt, dass sie und dieses dicke Kind Murmel sich irgendwie ähnlich sind. Da haben sich zwei gefunden. Schön und gut. Aber das reicht jetzt. Genug Spaß gehabt. Ich will nach Hause.
Aber Murmel will die Katze nur dann los lassen, wenn sie ihm eine Geschichte erzählt. Schließlich sei sie eine Märchenkatze, sagt das dicke Murmelkind. Geschichten? Ich? Denkt die Märchenkatze. Kann ich nicht.
Aber sie hat keine Wahl und erfindet irgendeine Quatschgeschichte, die Murmel sehr erheitert. Plötzlich leuchten seine Augen. Mit jeder Geschichte leuchten Murmels Augen heller. Und auch die Märchenkatze fühlt sich von Minute zu Minute besser. Das ist ja richtig gut!
Je länger die beiden zusammen sind, desto mehr mögen sie sich. Ist das zu fassen? Am Ende der Nacht beschließt die Märchenkatze Licht, den dicken Dreckspatz Murmel mit der Rotznase zu adoptieren. Einer muss es ja tun. Und siehe da. Murmel lässt die Märchenkatze Licht nach vielen Quatschgeschichten nach Hause gehen. Für heute. Bis morgen, Katze! Bis morgen, Murmel! Die Lampensammlung wird nicht mehr gebraucht.
Bremen, 1. April 2014