Ihr wisst sicher, dass im Trödelladen oder in einem Antiquariat Gegenstände zum Verkauf angeboten werden, die zum Teil sehr alt sind.
Könnten wir mit ihnen kommunizieren, jedes einzelne Stück Möbel könnte uns ganz sicher Geschichten erzählen. Von den Häusern, in denen sie gestanden haben, von den Menschen darin, ob man sie gut behandelt hat oder nicht.
Die wirklich ganz alten Stücke könnten uns Geschichten aus Zeiten erzählen, die Ihr und ich nur aus Geschichtsbüchern kennen. Also, ich würde gern die Fähigkeit haben, mit ihnen zu sprechen. Ich würde mir alles erzählen lassen. Und ich würde alles aufschreiben, was ich behalten kann.
Albert Asensio hat diese Fähigkeit. Da bin ich mir ganz sicher. Denn er lässt in seinem Buch eine blaue Bank ihre Geschichte erzählen.
Die Bank steht in einem Park in der Nähe eines Sandkastens, in dem manchmal Kinder spielen. Ach ja. Bis sie blau gestrichen wurde, ist sie eine einfache Holzbank gewesen. Doch jetzt leuchtet sie ihr schönstes Blau. Bei jedem Wetter. Und egal, wer auf ihr Platz nimmt.
Sie erzählt von ihren Besuchern. Von dem Mann, der auf der Bank sitzend jede Menge Tauben gefüttert hat, die jede Menge Mist hinterlassen haben.
Sie erzählt von Kindern, die auf ihr gesessen haben, von Menschen, denen sie ein Schlafplatz war und immer noch ist oder aber ein kurzfristiges Zuhause – und von Maria und Juan, die als Kinder ganz in ihrer Nähe gespielt haben und immer wiedergekommen sind. Später haben sie sich unsterblich ineinander verliebt, haben sich zum allerersten Mal geküsst und schließlich geheiratet. Aber sie sind der blauen Bank treu geblieben.
Sie haben sie jeden Sonntag besucht. Sehr sehr lange. Bis zu dem Tag, an dem Juan in einen dieser sinnlosen Kriege geschickt wird und nicht zurück kommt. Von da an ist Maria immer alleine gekommen. Die Kinder, die dann vor ihr im Sandkasten spielen, haben sie an ihre gemeinsame Zeit mit Juan erinnert.
Und nach ein paar Jahreszeiten hat für Maria auf der blauen Bank eine neue Liebe begonnen.
Bremen, 27. Juli 2017