Diese Realität, die die beiden Reporter uns hier aufzeigen, will niemand von uns hier im sicheren Europa erleben müssen. Und weil wir das nicht wollen, schieben wir alles, was mit dem Thema Flucht, Hunger, Krieg zu tun hat, immer weiter von uns, damit es uns nicht zu nah kommt.
Dumm nur, dass wir nicht gefragt werden, ob es uns zu nah kommen darf. Es kommt einfach. Ist da. Will Hilfe und Sicherheit. Schutz. Gut, dass es Reporter wie Spottorno und Abril gibt (und davon gibt es zum Glück viele), die uns mit ihrem Handwerk und ihren Möglichkeiten immer wieder darauf aufmerksam machen.
Über Generationen hinweg haben Menschen Menschen ausgebeutet und dachten, das geht immer so weiter. Und bleibt Folgenlos. Falsch. Es holt uns ein. Gehen wir damit um! Unsere Generation ist nicht verantwortlich für die Fehler vorheriger Generationen. Wir sollten den Flüchtlingen zeigen, dass wir es besser machen als unsere Vorfahren weltweit.
„Der Riss“ ist eine ungewöhnliche Graphic Novel. Eine Fotoreportage in Form eines Comics, ein Reisebericht mit authentischem Bildmaterial und in vielerlei Hinsicht eine Grenzerfahrung.
Nach drei Jahren Arbeit, mehreren Titelstorys, dutzenden Seiten in Zeitschriften und einem Word Press Photo Award beschließen der Fotograf Carlos Spottorno und der Reporter Guillermo Abril, die 25.000 Fotos und 15 Notizbücher in eine andere Erzählform zu bringen, um über die Geschehnisse an den Grenzen der EU zu berichten.
Von Melilla, der spanischen Enklave in Marokko, schwer bewacht und durch einen schier unüberwindbaren Zaun geschützt bis in den eiskalten Norden Finnlands und die Wälder Weißrusslands, wo Nato-Truppen für einen Grenzkonflikt mit Russland trainieren.
Auf ihrem Weg begegnen sie Menschen in ihren Verstecken auf dem Gourougou, sind Zeugen einer Rettungsaktion vor der Küste Libyens und des Exodus der Geflüchteten im Balkan.
„Der Riss“ ist das Feld-Tagebuch zweier Reporter, die die EU-Außengrenze vom afrikanischen Kontinent bis in die Arktis bereisen, um die Ursachen und Auswirkungen der europäischen Identitätskrise zu ergründen.
Diese Graphic Novel basiert nicht auf realen Ereignissen – es ist die Realität. Von Menschen gemacht.
Bremen, 15. November 2017