In einer von diesen Winternächten, die besonders kalt sind, wird der nette große böse Wolf von seinen netten kleinen Wölfen aus dem Schlaf gerissen. Warum die das machen? Na, weil sie Hunger haben!
Für den netten großen bösen Vater Wolf heißt das: Raus aus den Federn. Egal, wie kalt es ist. Wenn die Familie Hunger hat, gibt es keine Ausreden. Also! Warm einpacken und raus in die Kälte. Irgendwo wird er schon etwas Essbares finden. Wäre ja gelacht!
Tatsächlich sieht er nach kurzer Zeit ein Kaninchen. Lecker! Er schleicht sich an, packt es bei den Löffeln und will es gerade in seinen Sack stecken, als es um Gnade bittet. Es sei nur aus seinem Bau gekommen, um Futter für die Familie zu suchen. Würde es gefressen, müsste die Familie verhungern.
Moment mal, denkt sich der Wolf. Der macht das, was ich auch mache – und verschont ihn. Ihm ist natürlich klar, dass das ein Fehler ist. Schließlich ist er ein Wolf und seine Familie hat Hunger! Also weiter.
Aber auch die Ziege bittet um Gnade und auch das Rentier. Denn ohne Rentiere keine Weihnachtsschlitten und erst recht keine Geschenke. Das sieht der Wolf ein. Dumm nur, dass seine Familie auf diese Weise nicht satt wird.
Fast hätte er sich ohne irgendetwas Fressbares auf den Heimweg gemacht, als seine Nase ihn in ein Dorf und hier zu einem Bäckerladen führt. Als der Bäcker ihn sieht, läuft er, so schnell ihn seine Beine tragen, davon.
Prima. Denkt der Wolf. Umso besser. In aller Ruhe räumt er den kompletten Laden leer, legt einige Münzen auf die Ladentheke und macht sich auf den Heimweg. Der Wolf hätte dem Bäcker eh nichts getan. Und ein Dieb ist er schon gar nicht! Ein Wolf zahlt für das, was er klaut! Ehrensache!
Auf dem Weg nach Hause kommt er wieder bei denen vorbei, die er verschont hat und teilt mit ihnen sein Diebesgut – nicht, ohne ihnen „Frohe Weihnachten“ gewünscht zu haben.
Vorbildlich, oder!?
Bremen, 5. Dezember 2014