Die Zuschauerränge des Wanderzirkus sind bis auf den allerletzten Platz ausverkauft. Der Zirkusdirektor kündigt gerade die Attraktion des Abends an: Den lustigsten Clown der Welt – mit seinem störrischen Esel.

Erwartungsvoll hebt er den rechten Arm. Schwingt die Peitsche. Das ist das Zeichen für den Dirigenten. Die Zirkus-Kapelle beginnt zu spielen.

Hallo?! Auftritt, Ihr Schlafmützen!
Nichts passiert.
Dann – in die Stille hinein – hören die Zuschauer nur ein einziges Wort: Nein!

Clown und Esel verweigern ihren Auftritt. Das Publikum klatscht begeistert. Großartige Show! So etwas hatten sie noch nie gesehen.

Und der Zirkusdirektor ist fassungslos. Was passiert denn hier gerade? Die beiden sind doch an jedem Abend der bejubelte Höhepunkt. Er geht zu den beiden und sagt leise: „Was bitte soll das hier werden?“ „Wir wollen das hier nicht mehr.“ „Und was bitte wollt Ihr dann?“

„Ab sofort wollen wir nur noch Sachen machen, die wir selber wollen. Ohne Dressur, ohne Peitsche. Wir wollen den Kindern Geschichten erzählen. Wir hassen es, als Clown und störrischer Esel aufzutreten.“

Damit drehen sie sich um, verlassen die Manege und lassen einen verdatterten Zirkusdirektor samt seiner Peitsche zurück.

Das hier ist ein Skandal, denkt er.
Was mache ich bloß?

Nach einer kurzen Pause überspielt er die Situation, in dem er die nächsten Tiere und deren Dompteure ankündigt. Aber auch die verweigern sich. Alle.

Noch bevor die Zuschauer das Zirkuszelt verlassen haben, sind die Tiere bereits auf und davon. Und jetzt?!

„Wir gründen einen eigenen Zirkus! Ohne Dompteure und Peitschen und Dressur. Wir machen nur Sachen, die uns selbst Spaß machen. Wir gründen einen Zirkus für Kinder.“ Gesagt, getan.

Geht zwar nicht ganz so einfach – klappt aber am Ende. Und alle sind glücklich. Die Tiere, weil sie entspannt sind und den Kindern Geschichten erzählen und die Kinder, weil sie es einfach toll finden und ganz sicher immer und immer wiederkommen werden. Ende gut- alles gut.

Ach übrigens: Das Bilderbuch erschien bereits 1961. Es war das erste Buch des Verlages. Geschrieben hatte es der Verleger Mischa Damjan, der mit diesem Buch seinen eigenen Verlag gründete. Er wollte „Geschichten für Kinder und Poeten“ veröffentlichen.

Zum 25. Jubiläum des Verlages NordSüd erscheint dieser Klassiker noch ein Mal. Aktueller kann eine Geschichte nicht sein, finde ich.

Den Illustrator Torben Kuhlmann kennen wir sehr gut. Er hat sein Studium 2012 mit dem Kinderbuch „Lindbergh – Die abenteuerliche Geschichte einer fliegenden Maus“ abgeschlossen und uns noch „Armstrong, die Astronauten-Maus“, „Edison“ und „Einstein“ geschenkt.

Diese Bücher gehören in jedes Kinderzimmer!!!

Bremen, 23. Oktober 2021