Delete me

von Hansjörg Nessensohn
Ueberreuter Verlag
2020, 343 Seiten
Altersempfehlung: ab 14 Jahren
Preis: 18,00 Euro

Innerhalb weniger Sekunden hatte er komplett die Orientierung verloren. Es begann mit einem ohrenbetäubenden Knall und das letzte woran er sich erinnerte war der abgerissene Arm von Tarek.

Ein halbes Jahr nach der Klassenfahrt sind viele wieder zum Alltag übergegangen. Doch für einige, hat der Tag der Bombenexplosion alles verändert. Tarek, Gregor und fünf weitere Mitschüler sind auf der Stelle tot, als die Bombe am Brandenburger Tor explodiert. Sein bester Freund Jakob wird für immer im Rollstuhl sitzen und Lea, Lea von der er gerade an diesem Morgen einen Kuss bekommen hat, hat ihr Gedächtnis verloren. Die Ärzte nennen es Dissoziative Amnesie.

Finn kann sich an alles erinnern. An den Morgen an dem er dachte, dass es der tollste und aufregendste Geburtstag seines Lebens werden sollte. An Lea, die ihm extra einen Berliner aus der Bäckerei besorgt hatte, an Jakob, der sofort geschnallt hatte, dass es Finn hoffnungslos erwischt hatte. Vor allem aber erinnert er sich an seinen Klassenlehrer Merks, eigentlich ein Supertyp und ziemlich entspannt, der ihn an dem Morgen total entnervt angemotzt hatte. Dieser Merks, der dann später die Bombe gezündet hat und sein Leben und das von vielen anderen auslöschte.

Die Fragen nach dem Warum sind leiser geworden. Ein Trauma-Experte hat sich um die Überlebenden gekümmert und gute Ratschläge erteilt. Damit alles so schnell wie möglich wieder normal wird. Aber für Finn ist nichts normal.

In der Schule kann er sich an diesem Tag schlecht konzentrieren. Das ist mittlerweile normal und sogar die Lehrer lassen ihn in Frieden, auch wenn es so aussieht, als ob er mit seinen Gedanken ganz woanders ist. Als er sein tägliches Selfie macht, damit alle die nur langsam verheilende Narbe auf Instagram sehen können, entdeckt er eine neue App auf seinem Handy: Mind-Hack. Noch nie gehört!

Beim Versuch das merkwürdige Icon zu löschen, geht stattdessen ein Fenster auf und mit leuchtend grüner Schrift steht dort: „Finn, du musst Jakob retten! Er will sich umbringen“.

Natürlich denkt Finn nicht im Traum daran, dass er diese Nachricht ernst nehmen muss. Als aber auch noch ein Abschiedsbrief von Jakob auf seinem Handy landet, unterschrieben mit Dein Neinkop, wird Finn ganz schlecht. Das kann keiner wissen. Neinkop und Finnja, das waren ihre Spitznamen aus Kindertagen.

Finn kommt gerade noch rechtzeitig um Jakob zu retten. Als wäre alles nicht auch so schon schlimm genug, Jakob kann sich nicht einfach so aus dem Staub machen. Aber Finn muss wissen, wer ihm geschrieben hat und als er die Antwort bekommt, wünscht er, er hätte sie nie gestellt.

„Ich bin Richard Mercks, dein ehemaliger Lehrer“.

Bremen, 31. Oktober 2020