Malfalda ist eine Wissende. Sie lebt allein in einer kleinen Hütte tief im Wald, direkt am Fuß der Düsterberge. Die Leuten im Dorf, vor allem die Alten, fürchten sich vor den Schatten im Wald und dem seltsamen Flüstern, das zwischen den Blättern der Bäume zu hören ist. Die wenigsten trauen sich hinein.
Nur Eri hat keine Angst. Die kleine Tochter des Zimmermanns ist mutig. Deshalb schicken die Leute im Dorf sie gerne zu Mafalda.
Vielleicht liegt es daran, das Eri so gerne den Geschichten der alten Magd Hanna lauscht. Hanna erzählt am liebsten aus alten Zeiten, in denen es von mächtigen Zauberern und furchtlosen Drachenjägern nur so wimmelt. Vor allem aber interessiert sich Eri für die Geschichten über Hexen.
Das kleine rothaarige Mädchen ist schon immer ein Sonderling gewesen. Anstatt mit den anderen Kindern im Dorf zu spielen, träumt sie lieber vor sich hin. Und zu den Tieren hat sie eine ganz besonderen Beziehung. Alle Tieren lieben Eri. Hanna ist sich sicher: Eri ist auch eine Wissende, so wie Mafalda aus dem Wald.
Als Eris kleiner Bruder Micha schwer erkrankt und nichts helfen will, steht Mafalda in der Tür. Ihr gelingt es augenblicklich das Fieber zu senken und Micha fällt in einen tiefen Schlaf. Die weise Frau will nichts für ihre Hilfe haben, spricht aber lange und eindringlich mit Eris Mutter.
Zwei Tage später bittet die Mutter Eri mit einem Korb voller Gaben zu Mafalda in den Wald zu gehen, um sich für die Hilfe zu bedanken. Beim Abschied hat sie Tränen in den Augen. Eri ist ein wenig verwirrt. Sie will doch am Abend zurück sein. Warum ist die Mutter nur so traurig?
In Mafaldas Hütte riecht es nach frischer Minze, Thymian und Rosmarin, Rosen und vielen anderen Kräutern und Blumen. Hieraus rührt sie Salben und Medizin für die Leiden und Wehwechen der Dorfbewohner. Heute allerdings wuselt sie nicht zwischen sprudelnden Töpfen und dampfenden Kesseln umher. Vor Mafalda auf dem Tisch liegt eine schwarze, schuppige Kugel. Neugierig tritt Eri näher.
Dann geht alles ganz schnell. Mafalda, die sonst eine ruhige und besonnene Frau ist, hat tiefe Sorgenfalten auf der Stirn. Rasch erklärt sie Eri, das diese wundersame Kugel ein Drachenei ist und das es eilig in Sicherheit gebracht werden muss. Sie habe bereits vor zwei Tagen mit Eris Mutter darüber gesprochen, dass das kleine Mädchen die richtige sei, das Ei heil und unversehrt zu ihrer Schwester zu bringen. Schließlich könne Eri mit jedem Tier umgehen und sollte der kleine Drache während der Reise schlüpfen, so gehorcht er derjenigen, die er zuerst sieht und die ihm einen Namen gibt.
Doch auch der böse Zauberer Widukind hat es auf das Drachenei abgesehen. Mit einem Drachen an seiner Seite, wäre er noch viel, viel mächtiger. Das darf auf keinen Fall passieren.
Gemeinsam mit Mafaldas Hausgnom Frappel, macht sich Eri eilig auf den Weg. Sogleich sind ihnen Wacken dicht auf den Fersen. Ach ja, ihr wisst ja nicht, was Wacken sind. Es sind Eisenwölfe, mit großen roten Augen, die im Auftrag von Widukind auf der Suche nach dem Drachenei sind und die beiden kleinen Helden auf jeden Fall aufhalten sollen.
Frappel und Eri gelingt es in letzter Sekunde zu entkommen. Auf ihrem Weg zu Mafaldas Schwester Wannafee werden sie vielen Gefahren ausgesetzt. Ihnen begegnen aber auch viele Wesen, die ihre Hilfe anbieten. Warna, die Flussherrin zum Beispiel, Skratsch der Hauswichtel, der sich den beiden gleich anschließt, außerdem noch der Räuber Vergil, der viel lieber dichtet als andere zu beklauen und ein kleines Reh, das von Eri liebevoll den Namen Feder erhält.
Der richtige Name für den Drachen aus dem Ei will Eri aber partout nicht einfallen. Bis zu dem Moment, als das Ei einen Riss bekommt, sich hin und herrollt und schließlich auseinanderbricht. Genau in dem Moment weiß Eri, wie der kleine Drache heißen soll. Und Ihr werdet es auch wissen, wenn Ihr dieses spannende Abenteuer lest.
Eine zauberhafte Geschichte, für alle die magische Geschöpfe über alles lieben, so wie ich auch.
Bremen, 29. Juni 2020