„Ich bin achtdreiviertel Jahre alt. Und ich habe gerade einen kleinen Bruder bekommen. Meine Mutter kann sich allerdings nicht um ihn kümmern. Sie weint den ganzen Tag, weil sie Streit hat mit dem Vater meines kleinen Bruders. Mein Vater ist er übrigens nicht. Deshalb habe ich auch eine dunkle Hautfarbe und Jake ist ganz hell und hat blonde Haare.
Manchmal kümmert sich Mamas Freundin Tina um uns. Aber eigentlich klappt es schon ganz gut mit uns beiden. Ich weiß, das Jake Hunger hat oder die Windel voll ist, wenn er schreit. Dann kann Mama ruhig im Bett liegen bleiben.
Irgendwann fällt es aber sogar Tina auf, dass Mama sich nicht mehr bei ihr meldet und dann geht alles ganz schnell. Der Krankenwagen kommt und eine Sozialarbeiterin. Ich muss schnell ein paar Sachen einpacken. Das meiste Spielzeug bleibt zu Hause und wir beide werden zu Maureen gebracht.
Ab sofort kümmert sie sich um uns. Sie macht das eigentlich ganz gut. Maureen ist dick und gemütlich und hat selten schlechte Laune. Ist ja auch nicht für immer. Dachte ich jedenfalls!“
Die Geschichte von Leon geht unter die Haut. Als sein Bruder adopiert wird, Maureen schwer erkrankt und er wiederum umziehen muss, wächst in dem kleinen, tapferen Jungen eine ungeheure Wut auf die Erwachsenen. Und eines Tages versucht er diese Wut raus zu lassen und das einzig richtige zu tun. Denkt er jedenfalls!
Bremen, 23. Juni 2016