Augustus ist sehr traurig. Ja. Tiger können auch traurig sein. So wie jeder von Euch. Ich auch. Halten wir fest: Jeder ist mal traurig.
Warum, fragt Ihr Euch gerade, ist denn dieser Tiger Augustus bloß traurig. Der hat doch sicher keinen Grund. Ich sage es Euch. Doch. Er hat einen Grund. Einen guten Grund. Augustus hat nämlich sein Lächeln verloren. Jetzt lacht bitte nicht. Weil das nicht sein kann? Hört mal. Wenn Ihr traurig seid, habt Ihr auch Euer Lächeln verloren. Ist es nicht so?
Augustus macht sich ein Mal ganz lang und denkt: Gut. Ich habe Dich verloren. Aber ich werde Dich wiederfinden. Darauf kannst Du Dich verlassen.
Der Tiger macht sich auf den Weg. Aber wen er auch fragt, wo er auch sucht – niemand hat sein Lächeln gesehen. Und gefunden hat er es auch bis jetzt nicht. Dabei gibt er sich die allergrößte Mühe. Er sucht hinter jedem Strauch, unter jedem Baum. Auch in Gegenden, wo es bitterkalt ist. Auf den höchsten Bergen. Im Schnee. In seiner Not wagt Augustus sich sogar ins Meer, um nach seinem verlorenen Lächeln zu tauchen. Am Ende seines Weges muss er sich eingestehen, dass all seine Mühe wohl vergebens gewesen ist. Und jetzt?!
Augustus hat sich bereits damit abgefunden, dass sein Lächeln verloren bleibt, als er auf dem Heimweg die Wüste durchschreitet. Plötzlich beginnt es zu regnen. Augenblicklich ist Augustus wie verwandelt. Er reckt seinen Kopf so hoch er kann, schnappt mit seinem Maul nach den Regentropfen. Dann tanzt er mit den Regentropfen um die Wette, rennt durch alle Pfützen, die sich nach und nach bilden, so dass das Wasser nach allen Seiten spritzt. Bei einer Pfütze bleibt er ohne Grund stehen, senkt seinen Kopf und erblickt sein Spiegelbild im Wasser. Und lächelt. In diesem Augenblick ist Augustus klar, dass er sein Lächeln gar nicht verloren hat. Es war immer bei ihm und wird es immer sein. Sein Lächeln ist genau da, wo er ist, wenn er glücklich ist.
So einfach ist das. Bei Euch. Und auch bei mir.
Bremen, 17. Februar 2016