Dieses Schuljahr ist für Amanda nicht vergleichbar mit denen davor. Ganz einfach deshalb, weil David aus der Parallelklasse endlich bemerkt hat, dass es sie gibt, nachdem sie ihn immer nur mit Sicherheitsabstand beobachtet hat.
David wird später sagen, dass Amanda und er irgendwann begonnen haben, im Gleichtakt zu paddeln. Und dass das der Grund ist, warum er verliebt ist in sie. Auf ihrer Kussliste steht David von Anfang an erster Stelle. Bei Jenny, ihrer besten Freundin, immerhin auf Platz 11. Alles andere wäre nicht okay, schließlich hat Amanda sich zuerst für David interessiert. Jenny wird diese Freundschaft irgendwann aufs Spiel setzen und Amanda wird auf unschöne Weise davon erfahren.
Ihr müsst wissen, dass Amanda und ihre Schulfreunde sehr sportbegeistert sind und keine Gelegenheit auslassen, sich sportlich auszuprobieren.
Kurz vor den Sommerferien wird Amanda eine Pause machen müssen, weil sie über Kopfschmerzen klagt und kaum Luft bekommt. Sie muss in eine Spezialklinik. Dort stellt man fest, dass ihr Herz seine Arbeit offenbar nicht mehr lange machen kann. Sie braucht ganz dringend ein Spenderherz, sonst wird sie sterben.
Rechnet man damit so kurz vor 14? Nicht wirklich. Entsprechend verzweifelt reagiert Amanda. Endlich hat sich sich in einen Jungen verliebt und wie es aussieht, er auch in sie – da soll ihr Leben schon vorbei sein? Die Eltern sagen: „Auf gar keinen Fall! Aufgeben wird nicht geduldet!“ Sagt das mal Amanda. Sie schreibt Tagebuch, oft erscheint ihr diese Wartezeit als „Lilazeit“. Ist der Tod wirklich lila? Mal hat sie einen guten Tag, dann verfällt sie wieder in ihre Gedankenwelt, aus der sie nur schwer wieder zurückfindet.
Ihr junges Seelenleben gerät komplett aus den Fugen. Umso erstaunlicher ist, dass Jenny und David nicht von ihrer Seite weichen und versuchen, ihr die Wartezeit bis zur Operation so schön wie möglich zu machen. Schön. Werdet Ihr sagen, dass Amanda so tolle beste Freunde hat. Stimmt.
Würde Jenny nicht irgendwann doch der Teufel reiten und David küssen. Sie wollten den letzten Sommertag am See genießen. Aha! Für Amanda ist das der Schock schlechthin. Sie bricht umgehend den Kontakt zu ihrer besten Freundin ab. Bei David meldet sie sich auch nicht mehr. Abhaken. Die beiden wichtigsten Menschen, denen sie blind vertraut hat, haben dieses Vertrauen missbraucht. Ihr Zustand verschlechtert sich. Sie muss in die Notaufnahme.
In letzter Minute wird sie gerettet und darf zurück nach Hause.
Bei der Beerdigung eines alten Freundes von Amandas Eltern sieht sie Jenny wieder und spricht sich endlich mit ihr aus.
Ein paar Tage später kommt der ersehnte Anruf aus der Klinik. Es gibt einen Spender.
Bevor man Amanda in den OP bringt, telefoniert sie mit dem Jungen, der auf ihrer Kussliste ganz oben steht.
Bremen, 8. September 2014