Vor langer Zeit lebten in einem kleinen Dorf in Japan ein Bauer und seine Frau, die sehr gute Menschen waren. Sie hatten viele Kinder und große Mühe, sie alle zu ernähren. Der älteste Sohn half bereits mit 14 Jahren seinem Vater. Die Mädchen halfen der Mutter, kaum dass sie laufen konnten. Der Jüngste war der Klügste.
Der Jüngste malte immer nur Katzen. Er bemalte alle Flächen, die sich ihm boten. So war er irgendwann umgeben von seinen Kunstwerken. Sie umgaben ihn bei Tag und bei Nacht, im Wachen und im Schlafen und sie sollten ihm sein Leben retten. Aber davon wusste er noch nichts, als er klein war.
Lafcadio Hearn ist der Schriftsteller, um den es hier geht. Geboren wird er auf der griechischen Insel Lefkas, kommt mit zwei Jahren nach England und studiert später am St. Cuthbert’s College in Dublin. Er gilt als der große Vermittler zwischen den Kulturen, das westliche Bild von Japan im beginnenden 20. Jahrhundert prägt er entscheidend. Seine Werke werden in unzählige Sprachen übersetzt. Auch ins Deutsche. Er wird Professor für englische Literatur an der Kaiserlichen Uni Tokio. Mit seinem Tod hinterlässt er ein eindrucksvolles literarisches Lebenswerk aus der Frühzeit der Globalisierung.
„Der Junge, der Katzen malte“ wurde von Lafcadio Hearn, dem großen Bewunderer der japanischen Kultur, Ende des 19. Jahrhunderts nach Europa gebracht. In dem Märchen verbindet sich der Themenkreis Japan mit einem weiteren Motiv, den Katzen, das der lettischen Künstlerin Anita Kreituse sehr am Herzen liegt. Sie hat dieses Buch meisterhaft mit ihren Bildern gestaltet. Anita Kreituse liebt Japan seit ihrer Jugend. Diese einzigartige Ästhetik der japanischen Kunst beeinflusste ihre kreative Arbeit sehr stark. So schuf sie mehrere von japanischen Themen inspirierte Bilderzyklen, die wichtige Meilensteine ihrer Karriere darstellen. Auch das vorliegende Buch feiert diese besondere Beziehung.
Geschichte und Bilder verbinden sich in diesem großen Kunstwerk zu einer Einheit, in die man beim Lesen und Betrachten eintaucht und die nachwirkt. Dagegen kann man nichts machen. Gut, dass es Bücher wie dieses gibt.
Bremen, 20. März 2022